Jens wünschte sich zu Weihnachten eine Modelleisenbahn, wollte aber nicht, dass ich sie ihm schenke, sondern plante, daran zu werkeln. In unserem Spielkeller! Traurig und enttäuscht sah ich einer einsamen Adventszeit und einem wenig prickelnden Fest der Liebe entgegen.
Irgendwann im Laufe ihres Lebens sind Männer einfach nur noch verdreht, senil oder seltsam. Ich vermute, dass bei ihnen das Gehirn nicht so lange hält wie bei uns Frauen. Vielleicht verbraucht es sich schneller durch zu viel Testosteron, Aufregung und Alkohol. Aber schon mit fünfzig Jahren?
Als mir Jens mit fester Stimme erklärte, dass er sich zu Weihnachten eine Modelleisenbahn wünscht, habe ich ihm weiblich-diplomatisch sofort erklärt, dass ich seine Idee überaus gut finde. Jeder Mann braucht im fortgeschrittenen Alter ein solides Hobby. Ich bot ihm meine Unterstützung an und fragte, ob ich ihm solch eine Anlage schenken dürfe. Sie wäre selbstverständlich perspektivisch erweiterbar. So könnte ich bei ihm den Grundstein für viele frohe Stunden seiner alten Jahre setzen.
Jens lehnte ab. Eine Modelleisenbahn sei viel zu teuer für ein Weihnachtsgeschenk. Ich könne ihm ja wie immer nützliche Dinge schenken. An seinen gefütterten Hausschuhen ist die Sohle unterdessen dünn wie Pergament, und im Baumarkt haben sie jetzt neue Laubbläser mit noch stärkeren Verbrennungsmotoren. Im Übrigen könne er mir dieses Jahr zu Weihnachten wegen der teuren Modelleisenbahn keine größeren Geschenke machen. Deshalb brauche ich ihm auch nichts zu schenken.
Als ich das hörte, tat ich so, als spräche er mir als der Seele.
»Dieses blöde Schenken ist nur Quatsch«, sagte ich und spürte, wie in mir kalter Ärger aufstieg. »Da stehen wir drüber. Moderne Menschen wie wir brauchen so etwas nicht.«
Ich stand auf und ging mit dem Hund.
Am nächsten Tag erklärte mir Jens gestenreich, dass er in der Adventszeit an seiner Modelleisenbahn basteln möchte. Weihnachten würde er mir die Anlage vorführen.
»Das ist ganz wunderbar«, sagte ich verständnisvoll und bemühte mich, wütendes Zittern in meiner Stimme zu unterdrücken. »Damit bereitest du mir eine große Freude. Deine Kreativität begeistert mich und ich verstehe, dass du so kurz vor deiner Rente einen neuen Anspruch brauchst. Auch im Alter muss sich ein Mann geistig fit halten.«
Jens ging aus dem Raum.
Etwas später teilte er mir mit, dass er seine Modelleisenbahn in unserem Spielkeller aufbauen möchte und ob ich damit einverstanden wäre.
Jetzt reichte es. Mein aufsteigender Frust ließ sich nicht mehr unterdrücken. Ich explodierte.
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