Das Seil, das du ausgelegt hast, führt mich nicht nur in das Spielzimmer, sondern vor allem zu mir selbst. Zu innerer Ruhe, zu meinem Gleichgewicht, dann auch zu dir. Denn erst muss das Gleichgewicht hergestellt sein, damit ich ganz ich sein kann.
Das rote Baumwollseil beginnt direkt hinter der Eingangstür. Es schlängelt sich den Flur entlang. Die Treppe hinauf. Ich ahne, wo es endet. In unserem Spielzimmer.
Mein Mund ist ganz trocken. Als hätte ich den ganzen Tag nichts getrunken. Doch da unten bildet sich schon die Feuchtigkeit, als müsse sie an einer Stelle abgezogen werden, um sich an einer anderen Stelle zu sammeln. Ist das so? Muss alles immer im Gleichgewicht sein, Geben und Nehmen, Hin und Her? Diesen Gedanken lege ich beiseite, denn ich will mich lieber ganz auf dieses rote Seil konzentrieren.
Meine Kleidung lege ich noch im Flur ab. Mit jedem Stück fällt ein Teil des Arbeitstages von mir ab. Die Bluse - eine Diskussion mit meinem Vorgesetzten. Die Hose - eine nur unzulänglich versteckte Herabsetzung eines Kollegen. Der BH-- ein unangenehmes Telefonat. Der Slip - mir fällt nichts Negatives mehr ein. Ich lächle. Der Slip steht für die Umarmung der Kollegin, die den Kollegen abgekanzelt hat. Nicht alles ist negativ.
Was ich noch ablege ist das Gefühl, stark sein zu müssen. Das Gefühl, nicht ich selbst sein zu dürfen.
Deshalb lasse ich mir Zeit. Ich weiß, dass du es mir nicht übelnehmen wirst. Dir ist weitaus lieber, ich komme ruhig und lächelnd in das Zimmer, als dass ich mit gebeugten Schultern oder gesenktem Blick eintrete.
Überhaupt magst du es nicht, wenn ich den Blick senke. Das hast du früh klargestellt. „Du darfst und sollst dich unterwerfen“, hast du gesagt, „aber du sollst nicht klein sein. Nicht unterwürfig.“
Ja, so ein Faden kann manchmal die Rettung sein. Feuerwehrleute und Theseus haben schon davon profitiert, allerdings für den Rückweg. Die therapeutische Wirkung wird glaubwürdig geschildert. Gefällt mir.
Diese Geschichte hat mir sehr gut gefallen; es trift genau den Punkt. Man muss vor einer Session runter kommen, sich auf das konzentrieren was kommt, den Alltag hinter sich lassen.
eine schöne und wesentliche Geschichte, die mir sehr gefällt!
Nicht stark sein zu müssen und gleichzeitig zurückzukehren zur eigenen Größe und Freiheit, das ist ein wunderbarer Zustand.
Das rote Seil, das sich durch die ganze Wohnung schlängelt von der Tür an bereits, ist ein guter Wegweiser hin zu dem Moment, wo scheinbare Widersprüche von Unterwerfung und Größe, von erzwungener Bewegungslosigkeit und Freiheit eine Verbindung eingehen und Besonderes passieren lassen.
[quote]..., es hat mich wirklich gefreut, dass du das leidige Thema der Socken perfekt flüssig untergebracht hast.
Falls dir das schwer fällt, müssen wir das üben ...
Grüße
hanne[/quote]
hanne lotte: Ich bin da sehr wahrscheinlich auch dabei. Socken sind echt ein spannendes Thema und scheinbar ein heißes Eisen, das selten "angefasst" wird.
Mir gefällt das Bild des roten Seils, welches Befreiung und Wertschätzung verheißt. Wie das Ablegen der Alltagskleidung zum Abwerfen der Last beiträgt.
Mehr noch mag ich das Gleichnis mit der Wippe - Geben und Nehmen im Gleichgewicht, welches nur durch gegenseitige Achtung erhalten werden kann.