Jack war nach den Geschehnissen der letzten zwei Jahre viel zu sehr mit sich selbst beschäftigt, um die verantwortungsbewusste Fürsorge für einen anderen Menschen zu übernehmen. Schon gar nicht, wenn diese Fürsorge vornehmlich in der Führung einer Frau bestand, die mit so einer Vorgeschichte belastet war.
Dank sommerlicher Temperaturen war es selbst am frühen Abend noch angenehm warm, ein Umstand, der viele Leute nach der Arbeit dazu antrieb, draußen zu trainieren. Genau wie den Mann, der die Allee an der Reihe der Wohnhäuser entlangschritt und dabei, trotz des gerade beendeten Laufes, so ganz und gar nicht entspannt wirkte.
Jack war Ende Dreißig und seine Sportkleidung aus Hose und Shirt offenbarte einen gut in Form gehaltenen, aber nicht übertrainierten Körper. Kurzes, rabenschwarzes Haar war ebenso vom Schweiß gezeichnet, wie Gesicht und Rücken, und zeugte von der Anstrengung, die er sich auferlegte. In seinen grünen Augen, die in den letzten Monaten von Dumpfheit gezeichnet waren, flackerte ein aus Wut gespeistes Feuer.
„Das kann doch nicht dein Ernst sein“, murrte Jack in das Mobiltelefon. „Komm schon, du weißt sehr gut, warum ich mich nicht freiwillig für die Sache gemeldet habe.“
Dabei handelte es sich um eine - offiziell als erweitertes Training deklarierte - Hilfestellung der Dommes und Doms des örtlichen BDSM-Clubs. Viele von ihnen hatten keinen fixen Spielpartner, sondern wechselten diesen. Daher erklärten sie sich freiwillig bereit, in einer heiklen Situation auszuhelfen, die einen Neuzugang des Clubs betraf. Es ging dabei um eine Sub, die frisch aus einer 24/7-Auslebung ihrer Neigung kam und nach einer ziemlich unguten Trennung eben jenen Aspekt in ihrem Leben verlor. Ihr Name war Hanna und sie war nicht nur völlig aus der Balance, ihr fehlte auch eine führende Hand, die ihr den Halt gab, der plötzlich aus ihrem Leben verschwunden war. Die Arbeit gehörte ihr, aber der Rest des Tages sollte jemand anderem gehören. Und so fanden sich ein paar Freiwillige, die sie für jeweils eine Woche bei sich aufnahmen und ihren Horizont erweiterten. Inoffiziell sorgten sie jedoch primär dafür, dass Hanna jemanden bekam, auf den sie sich verlassen konnte und der ihre Gedanken auf sinnvolle Aufgaben lenkte.
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