Schnell bin ich an der Tür und höre sie die Treppe mit ihren Stiefeln hinaufsteigen. Klack, klack. Natürlich wird sie nicht bei mir klingeln. Klack, klack. Mein absolutes Lieblingsgeräusch, dazu das Bild dieser Frau, wie sie aus dem Auto gestiegen ist und das Haus betreten hat, und ich bin für ein paar Sekunden der Held einer ganz besonderen Geschichte. Bis es klingelt.
Im Großen und Ganzen gibt es nichts, was gegen mich spricht. Seit ich mich vor einigen Jahren aus meinem noch jungen Berufsleben verabschiedet habe, lebe ich bescheiden, aber einigermaßen zufrieden im Rahmen meiner Möglichkeiten. Ich bemühe mich um alle Dinge, die mir der Gesetzgeber zugesteht, habe auch keine Scheu, meine Rechte bei nötigen Besuchen im Amt zu vertreten. Ich bin nicht gierig, aber man könnte mir durchaus ein wenig mehr zugestehen. Für mich ist klar, dass ich mein Leben mit den Dingen fülle, die mir wichtig sind. Eine berufliche Tätigkeit, die zum Ziel lediglich den reinen Erwerb hat, gehört nicht dazu. So einfach ist das Leben, man muss es nur klar erkennen und die nötigen Schlüsse ziehen.
Ein leises Schnurren beunruhigt mich. Es gehört nicht zu den Geräuschen meines Hauses. Ich lege die Packung mit diesen widerlichen Tabletten zur Seite, nehme mein Glas und gehe die zwei Schritte vom Schreibtisch hinüber zum Fenster. Jetzt stehe ich hinter der halb geschlossenen Gardine. Unten versucht ein Fahrer, seinen X6 auf der gegenüberliegenden Straßenseite einzuparken. Interessiert beobachte ich sein Bemühen und hoffe, dass er wenigstens mit seinen Felgen an den Bordstein schrammt. Ein so teurer Wagen hält selten in der Nähe meines Hauses.
Gespannt warte ich. Zuerst öffnet sich der Kofferraum, jetzt die Tür. Ich erstarre am Fenster, sehe ganz klar eine Halluzination. Die Frau dort unten trägt hochhackige Stiefel, einen schwarzen Ledermantel, streng zurückgekämmtes Haar und wirkt, so weit ich das von meinem Fenster aus erkennen kann, sehr entschlossen. Nein, solche Frauen lasse ich nur in meinen knackigen, heißen Geschichten auftreten. Die Situation ist verrückt, hier macht mir jemand ein visuelles Geschenk. Endlich darf ich eine meiner Traumfrauen in der Wirklichkeit betrachten. Natürlich gibt es sie auch im Original, die knalligen Dominas aus den Filmchen, die ich mir oft im Internet ansehe. Aber sie sind selten, für mich nicht erreichbar. Die dort unten wirkt sehr dominant, allein ihr Gang, diese spezielle Art, in der sie um das Auto herumgeht, die beiläufige Bewegung, mit der sie einen langen, schmalen Koffer aus dem Wagen zieht. Mit einem schnellen Blick sieht sie zu meinem Haus hinüber und überquert die Straße mit den direkten Schritten eines Menschen, der sehr sicher weiß, wo er hingehen wird. Plötzlich bleibt sie stehen und sieht genau zu mir, hier nach oben in das Fenster meiner Dachwohnung, so als würde sie mich sehen.
Melde dich bitte an.