Der Widerspenstigen Zähmung (Teil 2)
Finde dich mit uns in einem Theater ein. Auf der einen Bühne geben die Schauspieler »Der Widerspenstigen Zähmung« von Shakespeare. Eine sehr spezielle Inszenierung. Auf der anderen Bühne beginnt das Publikum zu spielen. Und immer mehr verschwimmt dabei die Grenze zwischen beiden Bühnen.
Eine BDSM-Geschichte von Schattenzeilen und Jona Mondlicht und Schattenwölfin und ungewiss und Margaux Navara und Traum der Nacht und Lucia und dreambizarre und Pourquoi pas.
Info: Veröffentlicht am 06.01.2015 in der Rubrik BDSM.
Folge: Dieser Text ist Teil einer Reihe.
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Vorwort
Zwei Tage intensive Schreibarbeit in Hessisch-Sibirien. Acht Teilnehmer der Schattenzeilen-Schreibwerkstatt mit rauchenden Köpfen entwickeln unterschiedliche Figuren, die sich anschließend in einem Theater einfinden. Auf der einen Bühne geben die Schauspieler »Der Widerspenstigen Zähmung« von Shakespeare. Eine sehr spezielle Inszenierung. Auf der anderen Bühne spielen die entwickelten Figuren und die Grenze zwischen beiden Bühnen verschwimmt.
Dank einiger weniger Vorgaben, sitzen alle auf burgunderfarbenen Plüschsesseln, sodass der Leser diesen mehrfach begegnet. Dank schöpferischer Freiheit im Übrigen ist aber auf diesen Sitzmöbeln Platz für unterschiedliche Typen, Fantasien und Schreibstile.
Schaut selbst, wie es Euch gefällt.
***
Zwei Plätze weiter beobachtete Julian schmunzelnd das Schauspiel. Er bewunderte die junge Frau und wünschte sich doch nichts sehnlicher, als dass seine eigene jetzt in Leder oder Latex neben ihm sitzen würde.
»Will you, nill you, I will marry you.« Langsam fuhr Julian mit seinem Daumen die Zeile nach, die als Aufmacher auf dem Programmheft prangte. Genau sie war es gewesen, die bereits im Vorfeld seine Aufmerksamkeit erregt und ihn zu seinem Vorhaben inspiriert hatte.
Heute war ihr zehnter Jahrestag und er hatte ihn zu etwas Besonderen werden lassen wollen. Das Theater mit den großen Kronleuchtern an der Decke und der roten Tapete, die einen wunderschönen Kontrast zu dem dunklen Boden im Zuschauerraum bildete, wäre die perfekte Lokalität für sein Vorhaben gewesen. Doch seine Planung hatte sich in Luft aufgelöst, wie der Rauch einer zu einem Glas Whisky genossenen Zigarre. Während der Rest des Saals gut gefüllt schien, würde der burgunderfarbene Sessel neben ihm an diesem Abend frei bleiben.
Bedauerlicherweise lag Jasmin seit einigen Tagen niedergestreckt durch eine Grippe in eine Wolldecke gewickelt auf dem Sofa. Nachdrücklich hatte sie bei ihm eingefordert, dass er sie in Ruhe ließe, da sie es nicht mochte, von ihm umsorgt und bedient zu werden, wie sie immer wieder betonte. Einzig Kater James, der sich bei seiner Verabschiedung zu ihr aufs Sofa gekuschelt hatte, duldete sie in ihrer Nähe. Sie war in ihrer Verfassung zu einem aufmüpfigen und übellaunigen Ungeheuer mutiert, das sich weitaus mehr herausnahm, als die sonstigen liebevollen Frechheiten, mit denen ihn seine Kleine immer wieder zu piesacken versuchte.
Schon als sie sich kennerlernten war »Der Widerspenstigen Zähmung« sein Lieblingsstück Shakespeares gewesen, und je mehr sie sich einander annäherten, desto mehr erinnerte sie ihn an Petruchios Katharina. Immer wieder hatte sie gezögert, seine Avancen abgeblockt und ihn zurückgewiesen. Doch er hatte nicht aufgegeben und sie eines Abends vor die Wahl gestellt. Während eines Spaziergangs hatte er sie an eine Hauswand gedrückt, sie am Schopf gepackt und ihren Kopf in den Nacken gezogen, bevor er ihr ins Ohr flüsterte: »Du gehörst zu mir! Antworte mit Nein und unsere Freundschaft bleibt platonisch. Oder schweige und stimme mir damit zu.«
Zähflüssig und bittersüß, wie geschmolzene Zartbitterschokolade, war ihm das Verstreichen der nachfolgenden Sekunden vorgekommen. Sie hatte keinen Ton von sich gegeben. Selbst den Atem schien sie damals angehalten zu haben, um jeden Laut zu ersticken. Zufrieden lächelnd hatte er sie schließlich freigegeben, ihr einen Kuss auf die Lippen gehaucht und dann ihre Hand genommen, um den Spaziergang fortzusetzen.
Zehn Jahre war diese Begebenheit her und noch heute genoss er die Erinnerung an jenen Abend und jeden darauffolgenden Tag. In Jasmin hatte er seine perfekte Partnerin gefunden. Sie war wie eine Wildkatze: In einem Moment schmiegte sie sich verschmust an ihn und ließ sich gehorsam von ihm den Ton angeben. In einem anderen Moment hatte sie den Schalk im Nacken und provozierte ihn mit allerlei Unsinn und kleinen Frechheiten. Keinen Tag wollte er auch zukünftig ohne sie verbringen.
Vorsichtig zog er das kleine Schmuckkästchen aus seiner Jacketttasche und öffnete es, um gedankenverloren den darin enthaltenen Silberring mit dem kleinen Brillianten zu betrachten. Sein Plan hatte vorgesehen, ihn ihr während Petruchios Worten, dass er Katharina mit oder ohne ihr Einverständnis heiraten würde, anzustecken. Schmunzelnd versuchte er, sich Jasmins Reaktion auszumalen. Wäre es ihr gelungen, den Zusammenhang zu Petruchios Worten herzustellen? Hätte sie erkannt, dass er den Protagonisten auf der Bühne für sich sprechen ließe? Sie hatte einmal angedeutet, dass sie nur einem romantischen Antrag zustimmen würde. Hätte sie ihm anschließend den Kuss verweigert, wenn er ihr zeitgleich mit Petruchio auf der Bühne ins Ohr geflüstert hätte: »Kiss me Jas’, we will be married soon.«
Entschlossen klappte er das kleine Kästchen zu und lehnte sich in seinem Sessel zurück, als das Licht im Saal erlosch und sich der Vorhang öffnete. Noch in der Pause würde er neue Karten für eine Vorstellung in der kommenden Woche kaufen.
*
Das Licht vom Kronleuchter an der Decke war vollständig erloschen, der Saal nur noch von den Kerzen erleuchtet, die an den Wänden in ihren Haltern brannten. »Der Widerspenstigen Zähmung« begann. Bis auf die letzten beiden Reihen war der Saal voll besetzt. Dort hinten hatten nur drei Besucher Platz genommen - ein Paar, das ganz außen in die vorletzte Reihe gehuscht war, gerade als der Vorhang aufging, weiter in der Mitte eine Frau, von der Kriminalkommissar Sebastian von Brych nicht sicher war, ob er sie für ihren Mut bewundern sollte, oder ob er ihr - ganz Polizist - eine Lektion erteilen sollte, wie gefährlich es war, ganz allein zu einer solchen Veranstaltung zu gehen. Doch sie schien zumindest aktuell nicht in Gefahr zu sein. Also zuckte von Brych mit den Schultern und wandte sich ebenfalls dem Stück zu.
Ihm gefiel das Bühnenbild, das sehr reduziert wirkte. Er liebte dunkle Böden aus geschliffenem Holz. Doch von Brych gefiel nicht, wie dieser Klassiker durch die BDSM-Anspielungen in eine Richtung gelenkt wurde, an die Shakespeare sicher beim Schreiben nicht gedacht hatte. So etwas empfand er als anmaßend und ungehörig. Er fühlte sich unwohl, hörte nur mit einem Ohr hin und beschäftigte sich erneut mit der Frage, von der er ahnte, dass sie auch nach dem heutigen Abend unbeantwortet bleiben würde: Wie ticken diese Menschen? Was bewegt eine Frau im 21. Jahrhundert dazu, vor einem Mann auf die Knie zu gehen und sich zu seinem Eigentum zu erklären, mit dem er nach Belieben verfahren, über das er nach Belieben verfügen konnte? Von Brych war, ohne dass er je große Sympathien für die deutsche Salonfeministin Schwarzer gehegt hätte, geneigt zu glauben, dass diese Unterwürfigkeit nur männliches Wunschdenken sei und die Frauen sich verleugneten, indem sie diese Wünsche erfüllten. Auch die Theorie vom Spitzenmanager, der seine Führungsrolle im Studio an eine Domina abgab, hielt er für an den Haaren herbeigezogen. Wirklich ernst nehmen konnte und wollte er diese BDSM-ler nicht.
Plötzlich fühlte er etwas auf seinem linken Oberschenkel und griff dorthin, eine Kette. Eine Gliederkette. Mit einer Lederschlaufe daran. Von Brych zuckte zusammen, berührte die Schlaufe, zog unwillkürlich an der Kette und begriff, dass sie zu dem kleinen Ring am Halsreif der jungen Frau neben ihm führte.
Er war verwirrt. Er hatte die heftigste Erektion, an die er sich seit langer Zeit erinnern konnte. Von Brych ließ die Leine zu Boden gleiten und hastete aus dem Raum, noch bevor die erste Szene im ersten Akt gespielt war.
*
Bernd gähnte. Das Stück zog sich. Die weiblichen Darsteller waren hübsch anzuschauen, aber das Thema begeisterte ihn nicht. Dabei hatte er doch vielversprechende Assoziationen gehabt. »Der Widerspenstigen Zähmung«. Wer, der Dom ist, stellt sich darunter nicht eindeutige Szenen vor. Stattdessen wurde recht geschwollen geredet, in einer Sprache, die zu kunstvoll war, als dass Bernd ihr folgen konnte.
Stattdessen ließ er immer häufiger den Blick über das Publikum gleiten. Frauen mit verzierten Augenmasken saßen dort, mit Halsbändern, aber auch mit diesen langen Gerten in der Hand. Er selektierte jene, die ohne Partner gekommen waren, und aus ihnen wieder jene, die wenigstens einmal zu ihm sahen. Er musste sich eingestehen, dass nicht viele blieben.
Zu seinem Erstaunen standen manche Pärchen während der Vorstellung auf und beteiligten sich am Geschehen. Verließen das Publikum meist aneinander gelehnt, sich an der Hand haltend und einmal führte ein Mann seine Frau sogar an der Leine. Darauf, dachte Bernd, hätte er auch kommen können. Dann hätte er die junge Frau neben sich einfach angeleint und mit nach draußen gezerrt, wo man sich offensichtlich auch vergnügen konnte.
Bernd schaute nach links. Die beiden Freundinnen waren in das Stück vertieft. Folgten dem Dialog zwischen Petruchio und Lucentio, als wäre es interessant, was sie auf der Bühne vortrugen. Hier war doch niemand wegen des Theaterstücks gekommen, oder doch? Er stieß mit dem linken Ellenbogen die Frau neben sich an. »Schau mal«, flüsterte er, auch wenn ihm leises Sprechen gewöhnlich nicht lag, und zeigte mit dem Finger auf das Pärchen mit dem Halsband. »Das ist ja auch mal was, oder?«
Er erntete einen verständnislosen Blick. Die Frau rückte ein wenig ab.
»Kann halt nicht jeder was mit anfangen«, erklärte Bernd nun doch laut, damit die Reihe hinter ihm bemerkte, wie konservativ sich die Freundinnen neben ihm gaben. Sie gehörten nicht hierher, fand er. So erhob er sich und folgte dem Pärchen. Dort, wo sie hingingen, gab es sicher mehr zu sehen als hier. Redete man nicht so schwülstig wie hier. War man nicht so prüde wie hier.
*
Unterdessen langweilte sich auch Gernot Volkhardt in der Loge entsetzlich. Kurz hatte er sich die Zeit vertrieben, indem er dem Dreiergespann vor sich zusah. Als das Stück begann und die hübsche Sub - Nina, wie er inzwischen wusste - zum Applaudieren ansetzte, ergriffen die beiden Männer jeweils eine ihrer Hände und umschlossen synchron ihre Handgelenke mit den dicken gepolsterten Ledermanschetten. Danach führten sie ihre Arme um den Sitz herum und klinkten die Karabiner zusammen.
Jetzt wird die Geschichte heiß!
Natürlich ist die Geschichte nicht an dieser Stelle zuende. Im Gegenteil: Ab hier geht es zur Sache. Darum dürfen wir dir die weitere Handlung im Moment nicht frei zugänglich machen. Wir bitten dich um Verständnis, dass wir den Jugendschutz ernst nehmen.
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