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Hotel Voyeur (Teil 1)

Schon immer hatte Eduard seine Augen überall. Beruflich wie privat entging ihm nichts. Doch wo er bislang hatte auf die Knie gehen müssen, um die Dinge zu sehen, die nicht für seine Augen bestimmt waren, kamen ihm nun das neue Sicherheitskonzept seines Chefs und die daraus resultierenden Maßnahmen entgegen. Eduards Leben würde nicht mehr nur das eines Aushilfsportiers sein, sondern das Paradies werden.

Eine BDSM-Geschichte von Alma und corvus corax und Devana und dienerin und Jona Mondlicht und Lucia und Margaux Navara und Nachtasou und Schattenwölfin und ungewiss.

  • Info: Veröffentlicht am 31.03.2017 in der Rubrik BDSM.

  • Folge: Dieser Text ist Teil einer Reihe.

  • Urheberrecht: Veröffentlichung, Vervielfältigung oder Verwendung sind nicht erlaubt. Mehr.

Bild: Schattenzeilen, Dall-E

 

Der Schwerpunkt der Schattenzeilen-Schreibwerkstatt 2016 lag darauf, mit allen Sinnen zu beschreiben: zu zeigen und nicht zu erklären. Traditionell wurden die gewonnenen Schreib(er)kenntnisse zu einer Gemeinschaftsgeschichte verbunden. Dies ist ihr erster Teil.

 

 

 

Als sein Chef den Techniker verabschiedete, wusste Eduard, dass sein Leben ab sofort das Paradies werden würde. In den vergangenen Monaten hatte es eine Reihe von Diebstählen gegeben in dem Hotel, in dem er seit inzwischen 25 Jahren als Aushilfsportier arbeitete. Weder der Hoteldetektiv noch die Polizei hatten den Täter finden können und allmählich sprach sich das auch unter den Gästen herum. Die Stornierungsrate lag inzwischen deutlich über dem Durchschnitt und als auch Stammkunden begonnen hatten, ihren Aufenthalt in Frage zu stellen, hatte sein Chef entschieden, Maßnahmen zu ergreifen. Jetzt war jeder Zentimeter des Hotels kameraüberwacht. Auch die Zimmer. Was natürlich eine heikle Angelegenheit war, die nicht nach außen dringen durfte. Ihre Gäste würden es nicht eben zu schätzen wissen, dass ihre Privatsphäre auf diese Art und Weise bedroht war. Deshalb wussten nur eine Handvoll Mitarbeiter von der neuen Überwachungsanlage, die der Techniker gerade installiert hatte.

Eduard gehörte eigentlich nicht zu dieser kleinen Auswahl, aber schon immer hatte er seine Ohren und Augen überall. Ihm entging nichts. Vor allem nichts, das für ihn von Vorteil sein konnte. Und so hatte er sich in dem kleinen Gang vor dem Technikraum herumgetrieben und den Techniker belauscht, als der dem Chef die neue Anlage erklärt hatte.

Der Raum mit den vielen Monitoren würde natürlich immer abgeschlossen sein. Aber das war für Eduard schon lange kein Problem mehr. Bereits vor zehn Jahren hatte er in einer langen und langweiligen Nachtschicht Abdrücke von allen relevanten Schlüsseln angefertigt, um diese dann bei einem seiner zahlreichen Freunde abzugeben. Dieser Freund hatte praktischerweise einen Schlüsseldienst. Seither besaß Eduard einen dicken Schlüsselbund, den er allerdings nur selten nutzte. In den Büros des Hotels gab es nichts Interessantes. Auch das hatte er schon vor Jahren herausgefunden und in den Zimmern war die Gefahr, erwischt zu werden, einfach zu groß gewesen. Bis jetzt.

Jetzt würde er seiner geheimen Leidenschaft in aller Ruhe nachgehen können. »Und werde dafür sogar noch bezahlt, wenn man es genau nimmt«, dachte er und rieb sich die Hände.

So oft es sich einrichten ließ, übernahm Eduard die Nachtschicht im Hotel. Da war es ruhig und ihm lag nicht viel an Arbeit. In der Nacht konnte er in Ruhe tun, was ihn wirklich interessierte. Zum Beispiel fremde Leute beim Sex beobachten. Bisher schlich er dafür häufig über die Hotelflure. An jeder Zimmertür presste er das Ohr an das Holz. Wo er interessante Geräusche hörte, ging er auf die Knie, und schob vorsichtig seine kleine Kamera durch den Türschlitz am Boden, um etwas zu sehen. Doch das war unbefriedigend. Erstens konnte er nur selten wirklich etwas erkennen und wenn ihm doch mal etwas geboten wurde, ließ es sich nicht genießen, weil er gleichzeitig stets aufpassen musste, dass man ihn nicht erwischte.

Ab sofort wäre das alles vorbei. Ab sofort würde er sich, wenn der letzte Kollege der Tagschicht gegangen wäre und die Gäste sich auf die Zimmer zurückgezogen hätten, einfach in den kleinen Technikraum zurückziehen und sich durch die Zimmer zappen. Für Eduard war das viel besser als jedes Fernsehprogramm.

Grinsend schlug er das dicke Gästebuch auf. Er mochte diese kleinen, altmodischen Gewohnheiten, die man sich in diesem Hotel bewahrt hatte. Natürlich wurden die Zimmerbuchungen auch hier längst im Computer gespeichert, doch noch immer trugen sich alle Gäste bei ihrer Ankunft in das Gästebuch ein. Er ging die Einträge der vergangenen 24 Stunden durch. Ein paar allein reisende Geschäftsleute. Die würden für ihn erst interessant werden, wenn sie heute Nacht Damenbesuch bekommen würden, doch das kam hier eher selten vor. Lady Lakebatten, eine englische Gräfin, die vermutlich schon Königin Victoria persönlich gekannt hatte. Eduard hasste diese anspruchsvolle, alte Schachtel mit den Schlafstörungen. Doch hier, das war interessant: Matthias und Siri Liebach.

Die Namen sagten ihm nichts, doch dem Geburtsdatum zufolge handelte es sich um ein Paar im besten Alter. Also im besten Alter für Eduard. Er hatte die Erfahrung gemacht, dass die ganz Jungen es zwar wie die Karnickel trieben, aber Eduard war auch älter geworden und zog Kreativität und Finesse heute der schlichten Ausdauerleistung vor. Auch wenn er nur Zuschauer war. Deshalb freute er sich immer über die mittelalten Paare. Die, die alt genug waren, um Erfahrung und Selbstvertrauen gesammelt zu haben, aber auch jung genug, um nicht zu stauben, wenn sie aus den Klamotten stiegen. Matthias und Siri Liebach hatten Zimmer 305. Eduard machte sich eine geistige Notiz. In dieses Zimmer würde er nachher zuerst einen Blick werfen.

Drei Stunden musste er noch warten. Eduard trommelte mit den Fingern auf das polierte Holz der Rezeption und schlug mit der Fußspitze denselben Takt, während er Lady Lakebatten beobachtete, die - schwer auf einen Stock aus Ebenholz und Elfenbein gestützt - aus der Lobby zu den Aufzügen schlurfte. Natürlich hatte die alte Schachtel wieder nicht schlafen können und war jetzt zum dritten Mal bei ihm gewesen, um das zu ändern. Zuerst wollte sie ein anderes Kissen, dann eine heiße Schokolade - aber bitte mit warmem Rum - und nun hatte sie sich beschwert, dass sich an der hochmodernen Stereoanlage in ihrem Zimmer der Sender nicht wechseln ließe. Dabei könne sie doch nur bei klassischer Musik einschlafen. Er hatte ihr - sehr freundlich, wie er fand - erklärt, dass sich der Sender sehr wohl wechseln ließe - wenn sie dafür die Fernbedienung der Stereoanlage benutzen würde und nicht die des Fernsehers. Jetzt war die alte Schachtel endlich abgedampft. Endgültig, zumindest für diese Nacht, hoffte Eduard. Zur Sicherheit wartete er noch ein paar Minuten und spielte dabei mit dem Schlüssel für den Technikraum, den er schon seit Stunden in der Hosentasche seiner Portiersuniform trug.

Schließlich hielt ihn nichts mehr. Er knallte das »Wir sind gleich wieder für Sie da«-Schild auf den Tresen und rannte den schwach erleuchteten Korridor entlang, der direkt hinter der Rezeption begann und zu den Büros und Technikräumen des Hotels führte. Erst im dritten Anlauf gelang es ihm, den Schlüssel ins Schloss zu stecken und die Tür zu öffnen. Er wischte sich die feuchten Handflächen an der Hose ab und tastete sich langsam vor. Die Monitore warfen ein blaues Licht in den Raum. Das musste reichen, um sich zur orientieren. Zwar war außer ihm nun kein Personal mehr im Haus, aber man wusste ja nie und er wollte lieber nicht riskieren, sich durch einen Lichtschein zu verraten, der unter der Tür in den Flur fallen würde.

Schnaufend ließ er sich auf den Drehstuhl vor den Monitoren fallen und starrte auf das Schaltpult. Das hatte er sich viel komplizierter vorgestellt. Eine Reihe sorgfältig mit Zimmernummern beschrifteter Knöpfe, fünf Schalter, um die Bildschirme an- und auszuschalten, zwei Schieberegler für den Ton. Das war alles. Mit schweißnassen Fingern drückte Eduard auf den Knopf mit der Nummer 305 und schob den Lautstärkeregler ein winziges Stück nach oben. Gerade genug, dass er das Paar, das jetzt auf dem oberen rechten Monitor auftauchte, verstehen konnte. Aber nicht so weit, dass davon etwas nach draußen dringen würde. Auf dem Bildschirm tauchte die Frau auf und Eduard hörte sie leise murmeln.

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Kommentare von Leserinnen und Lesern

Gelöscht.

18.08.2018 um 20:05 Uhr

Schöne geschichte bin gespannt wie es weiter geht

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02.07.2017 um 17:16 Uhr

Schöne Geschichte, mal sehen wie es weitergeht.

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Gelöscht.

16.06.2017 um 13:09 Uhr

Netter Anfang, macht Lust auf die nächsten Teile.

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Gelöscht.

20.04.2017 um 01:19 Uhr

Nette Geschichte, mal sehen wie es weitergeht.

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Gelöscht.

04.04.2017 um 20:07 Uhr

Radieschen

was macht dass Du das wissen willst? 

 

Neugierde.

 

Bei dem Rest deines Beitrags verstehe ich nicht den Zusammenhang.

 

Viele Grüße

tina

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Gelöscht.

04.04.2017 um 09:14 Uhr

Guten Morgen liebe Tina,

was macht dass Du das wissen willst? 

Die Idee von Wölfin könnte sehr aufschlussreich sein für die Autoren. Inwiefern das Phänomen der Übertragung in einer Geschichte eingewoben wird, ist eine Interessante Frage. Erfolg einiger grosser Schriftsteller hat damit zu tun. Als Beispiel: die Leserin liest Hermann Koch weil er,- für sie unbewusst, wie ihr Onkel war. Oder wie ihr Firseur, wo sie noch 8 Jahre alt war, oder wie ihr Lehrer von Gruppe 3 usw.

Und dann gibt es auch noch Autoren, welche mit einem Namen publizieren, was aber aus einer Gruppe von 3 Autoren besteht: Nicci French.

 

Ich verstehe Deine Frage. Ist auch bisschen meine Frage. Die Tatsache dass diese Frage unbeantwortet bleibt, gibt dieser Geschichte (ich hab sie noch nicht auf Identitätsniveau gelesen) den besonderen Geschmak. Es ist keine Geschichte welche man mit einer Portion Pommes im Burger King liest. Vielleicht im Krasnapolski in Amsterdam. Aber dann sind es keine Pommes.

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ungewiss

Profil unsichtbar.

03.04.2017 um 23:21 Uhr

Die Gemeinschaftsgeschichten aus den Schreibwerkstätten entstehen jedes Mal ein bisschen anders. In diesem Fall durften alle Teilnehmer aus einem Stapel Bildern, die alle Hotelzimmer zeigten, wählen. Welche Szenen sie dort spielen ließen, mit welchen Akteuren und zu welcher Tageszeit, war aber ihnen überlassen. Ich habe währenddessen die Geschichte um den Portier geschrieben - als einzelne Szenen in dem Wissen, dass diese der Schmierstoff werden, der die Zimmerszenen zu einer glatten Geschichte verbindet. Anschießend setzten wir die Teile so zusammen, dass sie stimmig sind.

 

So oder so ähnlich läuft das in jeder Schreibwerkstatt und lustigerweise reagieren neue Teilnehmer immer gleich: "Das kann gar nicht klappen! So viele Schreiber und jeder werkelt vor sich hin. Das kann am Ende keine richtige Geschichte geben!" Und jedes Mal sind sie am Ende bekehrt, weil es eben doch klappt .

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Schattenwölfin

Autorin. Förderer.

03.04.2017 um 21:41 Uhr

korsettinchen

Faszinierend!

Danke!

 

korsettinchen

Oder entspricht die Reihenfolge der Teile der Reihenfolge der Nennung der Autoren? Die kommt mir eher alphabetisch vor.

 

Ist sie!

 

korsettinchen

Wo erfährt man, wer welchen Teil beigesteuert hat?

 

Nirgendwo. Aber Du bringst mich gerade auf eine gute Idee für ein Gewinnspiel ...

 

Wölfin

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Gelöscht.

03.04.2017 um 21:30 Uhr

Faszinierend!

 

Wo erfährt man, wer welchen Teil beigesteuert hat? Oder entspricht die Reihenfolge der Teile der Reihenfolge der Nennung der Autoren? Die kommt mir eher alphabetisch vor.

 

Viele Grüße

tina

Zu diesem Beitrag im Forum.

Schattenwölfin

Autorin. Förderer.

03.04.2017 um 21:19 Uhr

korsettinchen

Habt ihr euch da abgesprochen, wer was schreibt?

 

Nein, jeder durfte schreiben, was und ihm beliebte, lediglich ein paar Vorgaben waren zu beachten, damit es bei dem einen nicht schneit, während der andere auf dem Balkon sonnebadet.

 

Wölfin

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